Getriebe Übersetzung ändern

Am Beispiel eines 4-Gang Pologetriebes Typ 084

Getriebe waren für mich bisher immer ein Buch mit sieben Siegeln. Jedoch als ich mal das Innenleben eines 5-Gang Renngetriebes von dem Polo eines Bekannten zu Gesicht bekam und mir dessen Funktionsweise und Übersetzungsverhältnisse mal erklären ließ, da dachte ich das kann so schwer alles nicht sein. Als Ingenieur hat man schließlich einen Ruf zu verlieren!

Also begann ich mich mit der Sache näher zu beschäftigen, konkret aber nur mit Pologetrieben.

Stundenlang habe ich Informationen aus dem Netz gezogen und Getriebetabellen gewälzt.

Wenn ich jetzt ein Getriebe haben möchte, was kurz übersetzt ist, dann könnte ich im einfachsten Fall eines mit extrem kurzen Achsantrieb wählen. Dabei ist mir bei den Pologetrieben jedoch was aufgefallen: der 1. Gang ist immer gleich übersetzt. Das bedeutet, je kürzer ich den Achsantrieb wähle, desto kürzer ist der 1. Gang. Irgendwann wird der 1. Gang dann auch sinnlos, weil der dann so kurz ist, dass man gleich mit dem 2. anfahren kann. Und die Drehzahlsprünge zwischen den Gängen bleiben trotzdem gleich, weil die Gangübersetzungen zueinander nicht geändert wurden.

Das wollte ich überhaupt nicht. Ich wollte ein Getriebe, womit ich etwa so schnell fahren kann wie bisher (oder etwas kürzer), wo aber die Drehzahlsprünge zwischen den Gängen kürzer sind. Das schafft man bei gleicher Anzahl an Gängen nur, wenn man die Gangübersetzungen unterenander enger zusammen nimmt. Das hieß für mich, ich muss die Gesamtübersetzung der ersten Gänge länger machen, da man mit den ersten Gängen die meißte Kraft auf die Straße bekommt. Mit den ersten Gängen wollte ich schneller höhere Geschwindigkeiten erreichen und dann die oberen Gänge enger abstufen, um die Drehzahlsprünge zu verkürzen und somit das Motornennmoment in den oberen Gängen besser nutzen zu können.

Um ein wenig Erfahrungen im Getriebebau zu sammeln, wollte ich das Ganze erstmal am einfachen Beispiel eines 4-Gang Pologetriebes (Typ 084) ausprobieren. Zur Wahl standen 3 verschiedene Getriebe:

 

GG:

Achse:  4.571

1.Gang:  3.454

2.Gang:  2.050

3.Gang:  1.348

4.Gang:  0.964

 

GU:

Achse:  4.267

1.Gang:  3.455

2.Gang:  1.952

3.Gang:  1.250

4.Gang:  0.895

 

GX:

Achse:  4.063

1.Gang:  3.455

2.Gang:  1.952

3.Gang:  1.250

4.Gang:  0.895

 

Und bisher war in meinem Polo folgendes verbaut:

 

AKV:

Achse:  4.267

1.Gang:  3.455

2.Gang:  1.958

3.Gang:  1.250

4.Gang:  0.891

 

Man sieht, dass das GU und das GX die gleichen Gangübersetzungen haben, jedoch unterschiedliche Achsantriebe. Das bisherige AKV ist nahezu gleich dem GU. Das GG hat den kürzesten Achsantrieb und die kürzesten Gangübersetzungen. Ich habe mich daraufhin für folgende Kombination entschieden: den längsten Achsantrieb vom GX, den 1. und 2. Gang ebenfalls vom GX, den kurzen 3. und 4. Gang vom GG.

Somit ergibt sich folgendes Diagramm (zum Vergrößern klicken):

Die durchgezogenen Linien sind die Gänge des bisherigen AKV, die gestrichelten Linien die des neuen geänderten Getriebes. Weiterhin habe ich noch die Drehzahlsprünge zwischen den Gängen berechnet (zum Vergrößern wieder klicken):

Man sieht, dass die ersten beiden Gänge insgesamt länger und die letzten beiden kürzer sind als beim bisherigen AKV Getriebe. Beim Schaltpunkt von 6000/min ist der Drehzahlsprung zwischen 2. und 3. Gang des neuen Getriebes ca. 300/min kürzer als beim bisherigen AKV. Der Drehzahlsprung zwischen 3. und 4. Gang ist jedoch nur minimal kürzer als beim AKV. Insgesamt ist das neue Getriebe kürzer, es hat eine minimal geringere Endgeschwindigkeit.

Die Unterschiede sind zwar nur marginal, aber wie gesagt, ich wollte erstmal Erfahrungen im Getriebebau sammeln.

 

Gesagt getan: beide Getriebeglocken (GX und GG) wurden zerlegt. Alle Gangräder wurden von den Getriebewellen entfernt um danach in geänderter Kombination wieder zusammengesetzt zu werden. Die Eingangswelle mit 1. und 2. Gang sowie die Abtriebswelle mit Differential vom GX Getriebe wurden komplettiert mit den kürzeren Gängen 3 und 4 vom GG Getriebe. Das ganze wieder in eine Getriebeglocke gesteckt, Öl aufgefüllt, fertig!

Beim Anbau des Getriebes an den Motor (ein 'scharfer' NZ) musste ich noch etwas Lehrgeld bezahlen. Die uralte Getriebeglocke des GG Getriebes war für Kupplungen mit 180mm Duchmesser gemacht. Ich hatte jedoch ein neueres Modell mit 190mm Kupplung. Das Ende vom Lied: nach dem Zusammenbau wollte ich den Motor starten - nichts. Versucht von Hand durchzudrehen - wie festgefahren. Also Getriebe nochmal raus. Die Getriebeglocke musste innen nochmal an einigen Stellen ausgeschliffen werden, weil die Kupplung sich dort eingehakt hat.